Die Reichserntedankfeste auf dem Bückeberg
Die Ziele des Festes
Das Erntedankfest und die Bauern
Das Volk und sein "Führer"
Die Vergöttlichung des "Führers"
Der Hitlermythos
Das Erntedankfest und die Bauern
Das Fest sprach geschickt bäuerliche Mentalitäten an, Sehnsüchte nach der heilen Welt des Dorfes und des heimischen Brauchtums. Die Bauern hatten Schwierigkeiten mit der Modernisierung und dem gestiegenen Leistungsdruck. Jetzt erhielten sie das Gefühl, als erster Stand des Volkes geachtet zu sein. Sie beachteten nicht, dass die Probleme, die sie mit der Modernisierung, den gewandelten Arbeitsbedingungen etc. hatten, gerade auch Folge der forcierten Aufrüstungspolitik Hitlers waren.
Breite bäuerliche Schichten fühlten sich durch das Fest angesprochen. Die Bauern reagierten angesichts der Beachtung, die ihnen beim Bückebergfest geschenkt wurde, mit Dankbarkeit, Zustimmung und Begeisterung.
In seiner ersten Bückeberg-Rede sagt Hitler:
"Der erste und tiefste Repräsentant des Volkes aber ist jener Teil, der aus der Fruchtbarkeit der Erde die Menschen nährt und aus der Fruchtbarkeit seiner Familie die Nation forterhält."
Das Volk und sein "Führer"
Das zentrale Element der Feier ist Hitler. Er ist der charismatische Führer. Der zeitliche Ablauf ist so gestaltet, dass sich bis zu seinem Erscheinen eine mächtige Spannung aufbaut. Seine Rede ist Höhepunkt des Programms. Mit Hitlers Abreise ist die Veranstaltung beendet. Die Bauern sind Kulisse für den Auftritt des "Führers".
Die pseudoreligiöse Überhöhung von Hitlers Person ist eine letzte Steigerung des Führerkultes.
In seiner Bückebergrede des Jahres 1935 formuliert Hitler das Verhältnis von Führer und Volk:
"Wo ist das Staatsoberhaupt, das so durch sein Volk hindurchgehen kann, wie ich durch euch hindurchgehe?"
"Führer" und Volk leben in einer religiösen, fast erotischen Beziehung und Symbiose.
Christian Graf von Krockow beschreibt das Verhältnis von Führertum und Gefolgschaft als "erotisches Gewaltverhältnis, als Sadomasochismus".
"Das ist nicht absurd; es ist die Wahrheit eines Selbstbewusstseins von Herrschaft und Knechtschaft, das vom Knecht her, als Bedingung seiner Identifikation und seines Selbstopfers, dem Herrn gerade nicht die Mäßigung oder die Duldsamkeit, sondern die Darstellung unumschränkter Macht abverlangt."
Im Unterschied zu anderen Festen deutet der Bückeberg die totale Macht des Regimes nur an. Er bietet dem Einzelnen die Möglichkeit, sich als Teil eines Ganzen zu fühlen und sein Selbstwertgefühl zu stärken. Das Bückebergfest erfüllt Sehnsüchte nach nationaler Gemeinschaft, elementare Bedürfnisse nach Identifikation und Überhöhung, ermöglicht die Nähe zu der Lichtgestalt des "Führers".
Hitler 1936 in Nürnberg:
"Ihr habt einst die Stimme eines Mannes vernommen und sie schlug an eure Herzen, sie hat euch geweckt, und ihr seid dieser Stimme gefolgt. Ihr seid ihr jahrelang nachgegangen, ohne den Träger der Stimme auch nur gesehen zu haben. Das ist das Wunder unserer Zeit, dass ihr mich gefunden habt unter so vielen Millionen. Und dass ich euch gefunden habe, das ist Deutschlands Glück!"
Die Vergöttlichung des "Führers"
Goebbels in seinem Tagebuch über das Fest des Jahres 1936:
"Und dann Bückeberg. Ein ergreifender Zug den Berg herauf.
Die Bauersleute umarmen ihn fast. Er ist unser aller Abgott."
Eine Bäuerin aus dem stark evangelisch geprägten Schaumburger Land über ihren Eindruck von Hitler auf dem Bückeberg:
"Wenn hei an di vörbijaht, is et, as kieke Jesus einen an."
("Wenn er an dir vorbeigeht, ist es, als wenn Jesus einen anguckt.")
Ein verzückter thüringischer Kirchenrat:
"Christus ist zu uns gekommen durch Adolf Hitler!"
"Der gab mir also die Hand, und ich habe mir drei Tage danach die Hand nicht gewaschen. Ein unerhörtes Erlebnis".
Der Hitler-Mythos
Im Fest geschieht die letzte Steigerung des Führer-Mythos. Der Führermythos verbindet die Legitimationsansprüche von oben mit dem Legitimationsglauben der Bevölkerung.
(Postkarte o.J., Privatbesitz)
Dieser Mythos speiste sich aus den Erwartungen, Ressentiments und Sehnsüchten breiter Volksschichten. Hitler wurde die entscheidende Identifikations- und Projektionsfigur für die Ängste und Hoffnungen, für die Ressentiments und Sehnsüchte der Massen.
Missstände lasteten die Menschen der Regierung, vor allem aber der Partei und den "Bonzen" an, in keinem Fall aber Hitler.
"Wenn das der Führer wüsste ..."
"Dem Führer bleibt auch nichts erspart."