Historische Orte in Hameln
"Jede einzelne Tafel ist ein kleines Mahnmal"
Schul-Projekt: 60 Jahre nach Kriegsende wird erstmals aller Opfer in gleicher Weise gedacht
Hameln (hen). "Geschichte verblasst schnell, wenn sie nicht Teil des eigenen Erlebens war." Im Kampf gegen das Vergessen, aber auch gegen Intoleranz und Gleichgültigkeit, so Oberbürgermeister Klaus Arnecke, werden Besucher des Friedhofes Wehl künftig der Geschichte begegnen - im Beisein zahlreicher Gäste und von Vertretern von Rat und Verwaltung wurden gestern im zentralen Eingangsbereich und an sechs weiteren Stellen besondere Erinnerungstafeln eingeweiht: "Vielleicht wird heute zum ersten Male aller hier bestatteten Opfer des von Deutschen begonnenen Krieges gleichzeitig und in gleicher Weise gedacht und damit den fast vergessenen Toten des Zuchthauses, den gestorbenen Zwangsarbeitern und den gefallenen ausländischen Soldaten Gerechtigkeit zuteil", meinte der Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom.
Wider das Vergessen: Eva Sander, Carmen Schneider,
Maike Diekmann und Anke Sielaff erinnerten an der ersten
der neuen Geschichtstafeln an das Schicksal einzelner Kriegsopfer.
Foto: Wal
Zusammen mit seinen Schülern hatte sich der Lehrer für ein Projekt des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge engagiert. "Geschichts- und Erinnerungstafeln auf einer lokalen Kriegsgräberstätte" ist eine Konzeption, die zurzeit in ganz Niedersachsen läuft. Die Schüler des Geschichtsleistungskurses (Jahrgang 11) am Albert-Einstein-Gymnasium haben sich mit der Geschichte der Stadt Hameln im Ersten und Zweiten Weltkrieg und den Kriegsgräberstätten auf dem Friedhof "Am Wehl" beschäftigt - der Arbeitsaufwand sprengte gleichwohl den Rahmen eines normalen Kurses, wie der Oberbürgermeister unterstrich und sowohl Schülern als auch Gelderblom Anerkennung zollte.
Die Ergebnisse - ab kommendem Jahr in ausführlicher Version auch im Internet - sind in sieben Informationstafeln eingeflossen, die den Friedhofsbesucher auf die Kriegsgräberstätten hinweisen und ihn vor Ort über das Schicksal der dort bestatteten Opfer aufklären sollen. Die Eugen-Reintjes-Schule half bei der technischen Umsetzung, unterstützt wurde das Projekt durch Kreissiedlungsgesellschaft und die Stiftung der Sparkasse Weserbergland.
"Jede Tafel ist ein kleines Mahnmal", meinte Klaus Arnecke, und beim Rundgang über den Friedhof konnten sich die Gäste - darunter Professor Rolf Wernstedt, Vorsitzender des Landesverbandes des Volksbundes - von der Arbeit der Schüler überzeugen, die sie an den einzelnen Stationen selbst vorstellten. Ihnen war anzumerken, wie intensiv sie sich mit den Inhalten auseinandergesetzt hatten, wie bewegt sie durch die Schicksale der hier beerdigten Menschen sind.
© DEWEZET, 13.12.2005