Historische Orte in Hameln

 

Der historische Hintergrund

Die Gräber der deutschen Bombenopfer

 

Erarbeitet von Thorsten Damke,
Gregor Czaicki und Marcel Hofeditz

 

Inhaltsverzeichnis

Vorsorgemaßnahmen der Stadt Hameln auf den Luftkrieg
Chronologie der Luftangriffe auf Hameln
Die Luftangriffe der letzten Kriegstage
Einzelschicksal Gerhard Huben

 

Vorsorgemaßnahmen der Stadt Hameln auf den Luftkrieg

Schon seit dem Jahre 1933 wird die Bevölkerung auf einen angeblich drohenden Bombenkrieg hingewiesen, der auch vor Wohnorten keine Rücksicht nehmen würde. Dies jedoch galt eher der Zielsetzung, die Bevölkerung von der Notwendigkeit einer Erschaffung der Luftwaffe zu überzeugen. Die Maßnahmen des zivilen Luftschutzes waren aber kaum nennenswert.

Bei Kriegsbeginn hatte Hameln 11 öffentliche Luftschutzräume für 1457 Personen. Dazu kamen die privaten Schutzräume, die Keller in den Wohnhäusern, die jedoch durch Verschüttungen in Notsituationen schnell zu Todesfallen werden.

Eine größere Welle von Vorsorgemaßnahmen für einen bevorstehenden Bombenangriff trat erst 1943 als Reaktion auf die Bombardierung Hannovers in Kraft: Ausweichquartiere für Ausgebombte werden angelegt, zentnerweise Grundnahrungsmittel eingelagert und Bestattungen vorbereitet, ein insgesamt 324 Grabstellen umfassendes Bombengräberfeld auf dem Friedhof Wehl.

 
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Chronologie der Luftangriffe auf Hameln

Ein erster konzentrierter Angriff erfolgt am 18. Juni 1941. Britische Bomber greifen den Bahnhof an, verfehlen aber ihr Ziel und treffen Wohnhäuser in der Stüve- und Walthausenstraße. 24 Menschen sterben. Eine pompöse Trauerfeier stilisiert die Toten zu Helden ("Die Fahne hoch, und über die Gräber vorwärts"). Gauleiter Lauterbacher aus Hannover ist anwesend.

Fast zwei Jahre bleibt Hameln von größeren Angriffen verschont.

Am 7. Juli 1944 dürfte der Angriff erneut dem Bahnhof gegolten haben. Getroffen werden Häuser der Siedlung am Basberg. 19 oder 20 Menschen finden den Tod.

Im März und April 1945 ist die Bedrohung aus der Luft permanent vorhanden. Ständiger Alarm zwingt die Bevölkerung in die Keller. Tiefflieger bedrohen einzelne Menschen. Und immer wieder ist der Bahnhof das Ziel. Am 14. März 1945 erleidet Hameln den folgenschwersten Angriff. Auf dem Bahnhof stehen gerade die vollbesetzten Mittags- und Nachmittagszüge abfahrbereit, als 12 britische Bomber angreifen. Rund 200 Tote sind die schreckliche Bilanz. In langen Reihen werden die Toten auf den Bürgersteig gegenüber dem Hotel Sintermann gelegt. 700 Menschen der Bahnhofsgegend werden obdachlos.

 
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Ein Bericht über den 14.3.1945

Menschenschlange vor dem Tabakladen Schnur. Die Mittagszüge, darunter ein Lazarettzug, warten auf die Weiterfahrt, da einfliegende amerikanische Bomberverbände gemeldet worden waren. In diesem Fall hält man die Züge an, bis Richtung und Absicht der Feindflüge klar werden. Alarm laut Luftkriegstagebuch um 14.04 Uhr. Übliche Vorsichtsmaßnahmen werden getroffen: Schutzräume im Bahnhofsbereich werden aufgesucht, sowie die Keller der Wohnhäuser. Ein stets bereitstehender Zug befördert die Menschen bei Alarm in den nahen Klüttunnel. Aufatmen- die Bomber fliegen Richtung Hannover. Der Bahnhof füllt sich wieder. Die Züge kommen aus dem Tunnel.

Plötzlich um 16.08 bricht die Katastrophe über Hameln ein. 12 viermotorige Bomber klinken nach einem Rauch-Zielbombenabwurf 93 Sprengbomben und 1200 Brandbomben über dem Bahnhof ab.

Hameln war ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt in der Ost-West-Verbindung. An diesem Tag wurden außerdem Altenbeken und Löhne angegriffen. Außer dem Bahnhof wurden Wohnhäuser der umliegenden Straßen getroffen. Betroffen waren Deisterstr., Kreuzstr., Stüvestr. und der Hastenbecker Weg (11 Wohnhäuser und 2 Wohnblocks werden total 30 schwer beschädigt). 60 Menschen sterben, darunter eine Familie mit zahlreichen Kindern.

 
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Die Luftangriffe der letzten Kriegstage

 

23.3.   Tieffliegerangriff
    ein Toter
25.3.
  Angriff auf den Güterbahnhof, das Eisenwerk Concordia und die Wollwarenfabrik Marienthal
    vier Tote
28.3.
  Angriff auf Bahnhof und Deisterstraße. Das Gesundheitsamt in der Falkestraße wird völlig zerstört.
    20 Tote
29.3.
  Tieffliegerangriff
    ein Toter
30.3.
  Tieffliegerangriff
    ein Toter
2.4. 
  Tieffliegerangriff
    ein Toter
3.4. 
  Angriff auf Bahnhofsviertel sowie auf den südlichen Stadtrand mit Körting-Werk und Wesertal.
    29 Tote
4.4.
  letzter Angriff
    12 Tote

 

Beim Beschuss der Stadt durch die Amerikaner am 5. und 6. April 1945 sollen etwa 100 Menschen den Tod gefunden haben. Gauleiter Lauterbacher hatte die Weser zur Verteidigungslinie erkoren. In diesem Zusammenhang sprengte die deutsche Wehrmacht die Weserbrücken.

Erst die Besetzung der Stadt durch die Amerikaner befreit die Bevölkerung vom schrecklichen Druck der Luftkrieges. Aber noch in den folgenden Tagen sterben Schwerverletzte in den Lazaretten an den Folgen der Bombardierungen.

Ein großes Gräberfeld auf dem Friedhof Wehl erinnert heute an die vielen Todesopfer aus der Bevölkerung.

 
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Ein Einzelschicksal Gerhard Huben

Bombenopfer sind die Opfer, die niemand will, aber jeder Krieg fordert. Sie können oft nur an Hand von zufällig gefundenen Gegenständen identifiziert werden. So geschah es auch im Fall Gerhard Huben, er wurde sogar erst nach seiner Beerdigung identifiziert.

Nach dem Bombenangriff am 4. April 1945 wurde bei den Aufräumarbeiten eine braune Lederaktentasche gefunden. Bei Öffnung dieser Aktentasche fand man Krankenakten auf den Namen Gerhard Huben, Kosmetikartikel, und Briefe an den Metzgermeister Priggert in Brakel. Man beschloss, den Metzgermeister Priggert anzuhören, ob er einen Gerhard Huben kenne, der als Soldat verletzt wurde und um dessen Verbleib wisse.

Priggert sagte, dass Gerhard Huben als Soldat verletzt wurde und seit Herbst 1944 Patient im Lazarett "Brede" in Brakel war. Da Huben Metzger war, half er während seiner Genesung stundenweise bei Priggert aus. Das letzte Mal hatte Priggert Huben am 4. April 1945 gesehen. Huben konnte das Lazarett verlassen und wollte über Bad Salzuflen nach Herford zu seiner Frau fahren.

Nach erfolglosen Recherchen im Lazarett Brede suchte man nach Hubens Frau. Man fand sie und fragte sie, ob ihr Mann zurückgekehrt sei oder ob es möglich sei, dass er als unbekannter Toter auf dem Friedhof Wehl in Hameln beerdigt worden sei.

Hubens Frau bestätigte‚ dass Huben Unteroffizier war und 1942 durch einen Kieferschuss verletzt wurde. Seitdem lag er in zahlreichen Lazaretten, zuletzt in Brede. Seine Frau sagte auch, dass ihr Mann ein braune Lederaktentasche gehabt hatte. Sie würde diese und ihren Inhalt auch wiedererkennen können.

Darauf hin bat man Frau Huben mit Familienbuch, um gegebenenfalls einen Totenschein in Auftrag geben zu können, nach Hameln zu kommen.

Sie identifizierte den Inhalt der Tasche als Eigentum ihres Mannes. Die Tasche selbst war für die Frau jedoch unbekannt. Sie fragte nach den Totengräbern, welche die unbekannten Toten beigesetzt hatten. Denn nach dem Kieferschuss hatte ihr Mann eine große Narbe im Gesicht davon getragen. An dieser Narbe könnten ihn alle, die ihn gesehen haben, wieder erkennen. Man recherchierte also vor Ort am Friedhof Wehl und ermittelte ein Grab, in dem Gerhard Huben vermutlich beerdigt worden war. Erst nach einer Exhumierung konnte Gerhard Hubens Frau die Leiche ihres Mannes identifizieren.

 
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