Historische Orte in Hameln
Rundgang über den Friedhof Wehl
Tafel 1
Gräberfeld für die Toten des Zuchthauses Hameln
im Zweiten Weltkrieg
Die Tafel für die Opfer des Zuchthauses Hameln
An dieser Stelle befand sich von 1944 bis 1975 ein Gräberfeld (C I) für die Opfer des Zuchthauses Hameln, die in der Zeit des Dritten Reiches ums Leben gekommen sind. So wie die Situation im Zuchthaus Hameln insgesamt in den Jahren nach dem Kriege vergessen und verdrängt worden ist, so hat man die Toten des Zuchthauses nicht als Opfer der NS-Gewaltherrschaft sehen wollen. Ihre Gräber wurden nach Ablauf von 30 Jahren im Jahre 1975 beseitigt, obwohl sie als Kriegsopfer Anspruch auf dauerndes Ruherecht gehabt hätten. Erst 60 Jahre später, im Jahr 2005, wurde die Informationstafel errichtet, die an das Schicksal dieser Menschen erinnert. Im Jahr 2006 wurde die verwilderte Fläche im Rahmen eines internationalen Jugendlagers des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge wieder hergerichtet.
Im Zuchthaus Hameln wurden die Haftbedingungen mit dem Jahre 1933 erheblich verschärft. Neben der Überfüllung, der harten Disziplin und dem zwölfstündigen Arbeitstag setzte besonders mangelhafte Ernährung den Häftlingen zu.
In dem alten Bau an der Weser waren vor allem die politischen Gegner der Nationalsozialisten inhaftiert. Mit Kriegsbeginn traten die "Kriegstäter" hinzu, z. B. Männer, die ausländische Sender abgehört oder "schwarz" geschlachtet hatten. Homosexuelle und Juden bildeten unter den Häftlingen kleine Minderheiten. Für die meisten politischen Häftlinge bedeutete das Ende der Haftzeit nicht Freilassung, sondern die "Verschubung" in ein Konzentrationslager. Seit 1942 waren außerdem zahlreiche Widerstandskämpfer aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden im Zuchthaus Hameln inhaftiert.
Gegen Kriegsende herrschten im Zuchthaus Hameln durch totale Überbelegung und Vernachlässigung derart katastrophale Bedingungen, dass 390 Männer zu Tode kamen. Ein Todesmarsch, auf den zwei Tage vor der Befreiung über 400 Häftlinge geschickt wurden, forderte weitere Opfer in unbekannter Höhe.
Die Wahl des Beerdigungsplatzes ganz am Rande des Friedhofes trug dem Ort bei den Häftlingen den Namen "Verbrecherfeld" ein. Nach dem Kriege wurde das Gräberfeld einheitlich mit Efeu bepflanzt und die Grabhügel mit Nummernschildern versehen. Nur sehr wenige bescheidene Grabsteine waren von Angehörigen gesetzt worden.
Der überwiegende Teil der ausländischen Zuchthausopfer wurde nach dem Krieg in die Heimatländer bzw. auf Sammelfriedhöfe überführt. 16 Gräber von ausländischen Zuchthausopfern liegen seit 1972 auf dem Feld F II des Friedhofes Wehl.
Es lesen anlässlich der Einweihung der Tafel
die Mitglieder der Arbeitsgruppe Anke Sielaff,
Maike Dieckmann, Carmen Schneider und Eva Sander
(von links). Foto: Maike Juniel
Im Sommer 2006 konnte im Rahmen eines Internationalen Workcamps des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge und mit Unterstützung der Stadt Hameln das Gräberfeld der Opfer des Zuchthauses, das nach seiner Einebnung im Jahre 1975 verwildert war, wieder hergerichtet werden.
Die Mitglieder des internationalen Workcamps bei Erdarbeiten auf dem Zuchthausgräberfeld (Sommer 2006)
Das Zuchthausgräberfeld nach seiner Neugestaltung im Sommer 2006