Zur Geschichte der Juden in Hameln
und in der Umgebung
Der jüdische Friedhof in Grohnde
Teil der Synagogengemeinde Grohnde-Ohsen |
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Lage und Größe: |
ein schmales Grundstück längs eines Bachlaufes, durch Aufschüttung und Aufmauerung verbreitert; im Dorfzentrum (neben dem Hausgrundstück Am Teich 3); alter Eisenzaun (aus dem Jahre 1910) und eine kleine Steinbrücke, die über den Bach zum Friedhof führte, erhalten; 153 qm |
Bestand an Steinen: |
bis 2001 keine, 7 Steine seit 2006 |
Daten zur Geschichte: |
letzte Bestattung um 1910; im Besitz der Realgemeinde |
Über den Ursprung des jüdischen Friedhofs von Grohnde ist nichts bekannt. Es handelt sich um ein lang gezogenes Grundstück von 153 qm, das längs eines Baches verläuft. Die Uferzone ist aufgeschüttet und befestigt worden, um die Fläche des Friedhofes zu vergrößern. Von der Straße her ist der Friedhof über eine kleine Brücke zu erreichen. Die Fläche ist heute ohne jeden Grabstein und diente lange Jahre dem angrenzenden Wohnhaus als Garten.
Aus den wenigen erhaltenen Akten ist zu erfahren, dass der Friedhof um 1910 eine Einfassung durch einen geschmiedeten Eisenzaun erhielt. Dieser Zaun, der bis heute vorhanden ist, passt gar nicht recht in das Erscheinungsbild eines Dorfes. Es handelte sich um eine Schenkung der wohlhabenden jüdischen Familie Rothenstein, die in Grohnde bis zum Jahre 1908 einen Landhandel betrieb.
Nach 1908 verließen die jüdischen Menschen den Ort. Der Friedhof verwilderte. Im Jahre 1938 kaufte der Nachbar (Am Teich 3) den Friedhof für 230 RM und nutzte ihn als Gartengelände. Als Verkäuferin trat die politische Gemeinde auf. Sie war seit alters Eigentümerin des Friedhofes und hatte das Grundstück der jüdischen Gemeinde als Friedhof zur Verfügung gestellt. Nach Aussagen von Zeitzeugen war der Friedhof damals dreißig Jahre lang nicht mehr belegt worden und soll deswegen verkauft worden sein.
Was ist aus den ca. 20 Grabsteine geworden, an die sich Zeitzeugen erinnern? Bis vor wenigen Jahren dienten einige kleine Grabsteine bzw. Fragmente von Grabsteinen (mit dem Namen der Grohnder jüdischen Familie Goslar) als Trittsteine am Nachbarhaus. Nach einer Renovierung sind sie heute verschwunden.
Aus einem Gespräch mit einem Zeitzeugen war früh bekannt, dass weitere, deutlich größere Steine in einer Scheune als Bodenbefestigung zum Abstellen schwerer Traktoren Verwendung gefunden hatten. Nachdem der Hof seinen Besitzer gewechselt hatte, stieß eine Anfrage wegen einer Rückgabe der Steine sogleich auf große Bereitschaft. Am 5. Dezember 2001 konnten durch die Hannoveraner Steinmetzfirma Schmalstieg insgesamt fünf Grabsteine geborgen werden.
Die Grabsteine waren in der Scheune in der Regel mit der Schriftseite nach unten gelegt worden, so dass sich diese in einem sehr guten Erhaltungszustand befindet. Sie stammen, soweit entziffert, aus dem Belegungszeitraum von 1878 bis 1907.
Aus Gesprächen mit weiteren Zeitzeugen und auch mit dem Pfarrer des Ortes ist zu erfahren, dass weitere Grabsteine erhalten geblieben sind. Leider ist bei großen Teilen der Bevölkerung jedoch keine Bereitschaft vorhanden, den Ort dieser Steine preiszugeben. Da mischt sich diffuses Schuldgefühl mit einem weit verbreiteten Ärger über eine Vorzugsbehandlung jüdischer Grabsteine. Es ist sogar zu befürchten, dass nun Grabsteine zerschlagen und beseitigt werden.
Die fünf geborgenen Steine werden nach einer Aufarbeitung in den nächsten Monaten auf dem Gelände des früheren jüdischen Friedhofes Grohnde wieder aufgestellt. Die letzte Eigentümerin war kürzlich bereit, das Grundstück an den Landesverband zu verkaufen.
Zustand 1990 und Zustand 2001
Bergung der Grabsteine aus einer Scheune am 5.12.2001
Der Friedhof seit seiner Wiederherstellung (Foto 2007)
Besuch von Lucy Carter (mit Bernhard Gelderblom)
am 26.5.2011 (Sämtliche Fotos Bernhard Gelderblom)
Quellen: HStA Hann; KrA HM-Pyr; Zeitzeugenberichte