Die jüdischen Friedhöfe des Weserberglandes
Zwischen Verwahrlosung und Wiederherstellung.
Die Schicksale der jüdischen Friedhöfe des Weserberglandes
seit ihrer Zerstörung bis heute.
Ein Überblick.
Die folgende Untersuchung erfasst alle 29 jüdischen
Friedhöfe im Weserbergland zwischen Polle im Süden und Hessisch Oldendorf
im Norden. Der Charakter des Gebietes ist überwiegend ländlich und entsprechend
treffen wir eine Vielzahl vor allem dörflicher Friedhöfe an, deren Grabsteine
in der Regel sehr viel bescheidener gestaltet sind als auf städtischen
Friedhöfen. Die Karte zeigt die große Dichte der Friedhöfe. Nahezu überall,
wo über längere Zeit Juden gewohnt haben, sind – zumeist im 18. Jahrhundert
– auch Friedhöfe angelegt worden. Die Schaffung von Synagogenbezirken
im Jahre 1843, die einen zentralen Synagogenstandort für mehrere Dörfer
vorsah, änderte nichts am Fortbestehen dieser großen Zahl von Friedhöfen.
Die Zerstörungen der Friedhöfe in der nationalsozialistischen
Zeit
Um die Wende zum 20. Jahrhundert hatte die jüdische
Bevölkerung mehrere der kleinen Orte verlassen und war in die Städte
gewandert. Vier Friedhöfe – Esperde, Dielmissen, Grohnde und Kirchbrak
– waren deshalb bereits vor 1938 aufgegeben und z.T. verkauft worden.
Diese Friedhöfe waren damals zumeist schon ohne Steinbestand und wurden
als Gärten oder Wiesen genutzt. Dreißig Jahre später, zu Beginn des
Dritten Reiches, hatte sich der Rückzug der jüdischen Menschen aus den
Dörfern fortgesetzt, war die jüdische Bevölkerung in zahlreichen weiteren
Dörfern auf wenige Personen zusammengeschrumpft. Viele Dorffriedhöfe
lagen verwaist und verwildert.
In der nationalsozialistischen Zeit wurden ohne Ausnahme
alle jüdischen Begräbnisstätten in der Region zerstört. Mit den Friedhöfen
sollte eine der letzten Spuren jüdischen Lebens beseitigt werden. Der
Zeitpunkt der Zerstörung war in der Regel der Novemberpogrom, also die
Nacht des 9./10. November 1938. Bisweilen wurden die Friedhöfe auch
einige Tage später heimgesucht. Täter waren fast immer Mitglieder des
örtlichen SA-Stürme, die mit Spitzhacken auf die Steine einschlugen
und sie umstürzten. Einige Friedhöfe liegen so versteckt, dass nur Ortskundige
sie finden konnten. Im Falle des Friedhofes von Hämelschenburg, das
keinen eigenen SA-Sturm hatte, holten Täter aus dem benachbarten Gellersen
das Zerstörungswerk wenige Tage später nach.
In zwei Fällen haben Stadt bzw. Gemeinde schon vor
1938 darauf gedrungen, die Friedhöfe zu schließen. In Bad Pyrmont, wo
dies bereits 1934 geschah, sollte den Kurgästen der Anblick des zentral
an der Bombergallee liegenden Friedhofes erspart bleiben. Im Falle von
Coppenbrügge wollte der örtliche Bürgermeister verhindern, dass Hitlers
Blick auf seiner Fahrt vom Deutschen Erntedankfest am Bückeberg zum
Reichsbauerntag in Goslar auf den im Ortszentrum an der Reichsstraße
liegenden Friedhof fallen könnte. Die behördliche Schließung der Friedhöfe
war allerdings nicht gleichbedeutend mit ihrer Zerstörung. Vor 1938
verlangten die Aufsichtsbehörden von den örtlichen Stellen, eine dreißigjährige
Ruhefrist der Gräber zu respektieren. Das hinderte den Bürgermeister
von Coppenbrügge nicht daran, sogleich nach der Schließung des Friedhofs
im Jahre 1937 die Steine, deren Liegefrist abgelaufen war, abräumen
und beseitigen zu lassen. Nur vier Steine blieben damals stehen.
Bald nach ihrer Zerstörung sind viele Friedhöfe komplett
von Steinen geräumt worden. An Verwendungsmöglichkeiten mangelte es
im ländlichen Raum nicht. Steine wurden zur Einfassung einer Miste (Halle),
als Treppenstufen (Hehlen), Trittsteine (Grohnde) sowie Fundament für
Straßen und Zäune (Aerzen, Coppenbrügge u.ö.) etc. genutzt. Im Falle
des großen Friedhofes von Coppenbrügge wurde ein Teil der Steine zerschlagen
und im Straßenbau genutzt, ein anderer Teil fand Verwendung für die
Einfassung von Wegen bei der Vergrößerung des christlichen Friedhofes.
Man scheute sich nicht, die mit hebräischen Schriftzeichen und Symbolen
versehenen Torpfosten an den Eingang des christlichen Friedhof zu stellen.
Von Zeitzeugen ist zu hören, dass in einigen Fällen
Steine bewusst vor der Zerstörung bewahrt wurden, sei es aus Verbundenheit
mit einer bestimmten jüdischen Familie oder vielleicht als eine Art
Rückversicherung im Falle der deutschen Niederlage. Das könnte erklären,
dass einige Steine die Kriegszeit unbeschadet an einem verborgenen Ort
überstanden haben (z.B. in Salzhemmendorf und Lauenstein).
Bei den größeren städtischen Friedhöfen blieben die
Steine nach der Zerstörung auf dem Gelände liegen. In Hameln, wo eine
hohe Mauer das Grundstück vor Blicken schützte, verkaufte die Reichsvereinigung
der Juden in Deutschland (RV) alle Steine an einen Steinmetz, ohne dass
es freilich zu der geplanten Weiterverwendung kam. Die wenigen verbliebenen
Hamelner Juden mussten ihre Toten auf dem verwüsteten Grundstück bestatten.
In Pyrmont begnügte sich die Stadtverwaltung damit, die umgestürzten
Steine mit einer Schicht Erde zu bedecken, um sie dem Blick der Kurgäste
zu entziehen. Der Friedhof von Hessisch Oldendorf wurde – wie es häufig
geschah – zur Beisetzung von Zwangsarbeitern aus dem Osten genutzt.
In den Jahren 1941/42 bot die RV, deren Aufgabe es
war, das jüdische Vermögen "restlos" zugunsten des Deutschen Reiches
zu verwerten, alle Friedhöfe zum Verkauf an. In den meisten Fällen wurden
rasch Käufer gefunden. Häufig waren es die politischen Gemeinden, mehrmals
der Realverband, in Einzelfällen aber auch Privatleute (Coppenbrügge).
In den wenigen Fällen, in denen ein Verkauf nicht gelang, ging die Verfügung
über das Grundstück 1944 an die Reichsfinanzverwaltung über (z.B. in
Hameln und Hehlen). Einen Sonderfall stellt Bodenwerder dar. Dort bestritt
die Stadt der RV das Recht, den Friedhof verkaufen zu dürfen und verpachtete
eigenmächtig das ihr nicht gehörende Grundstück an eine Werft. Ein ähnlicher
Fall ereignete sich in Eimbeckhausen.
Die Friedhöfe in der unmittelbaren Nachkriegszeit
Nach Kriegsende ordneten die lokalen Besatzungsbehörden
bisweilen die Wiederherstellung der Friedhöfe an. Dies ist wenigstens
für Hameln nachzuweisen. Dort stand bei der Rekonstruktion kein Belegungsplan
zur Verfügung. Man machte sich auch nicht die Mühe, zerstörte Steine
zusammen zu fügen. Große Mengen an Steinschutt wurden abgefahren.
In den Dörfern geschah wenig oder nichts. Bisweilen
sorgten Juden, die ihrem Heimatort einen Besuch abstatteten, für die
Aufstellung noch erhaltener Grabsteine. Allerdings beschränkten sie
sich – wie in Tündern und Börry – auf Steine ihrer Familie. In Salzhemmendorf
soll der Bürgermeister dafür gesorgt haben, dass die durch die Zerstörung
geretteten Steine wieder zurück gestellt wurden. Auf sieben der 1938
zerstörten und abgeräumten Friedhöfe wurde kein einziger Stein aufgestellt.
Das sind die Friedhöfe in Coppenbrügge, Eimbeckhausen, Halle, Hemmendorf,
Kemnade, Kirchohsen und Polle. Einen relativ kompletten Bestand an Steinen
finden wir heute nur noch in Bad Münder, Hameln, Hessisch Oldendorf,
Hehlen und Ottenstein. Aber auch hier müssen wir von einem Verlust an
Steinen von einem Drittel bis zur Hälfte ausgehen.
Die fünfziger und sechziger Jahre: Der Kampf um
die Rückerstattung und die Ignoranz der Behörden
In den seit 1950 von der Jewish Trust Corporation
(JTC) und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen
(LV) angestrengten Wiedergutmachungsverfahren wurden mehrere Friedhöfe
ohne Probleme an den LV zurück erstattet. In mindestens sieben Fällen
wurde die Rückerstattung jedoch von der Wiedergutmachungskammer des
Landgerichtes Hannover verweigert. Soweit erkennbar, geschah dies mit
der Begründung, dass der Verkaufspreis des Grundstücks unter der Schwelle
von 1000 RM gelegen hatte. Unterhalb dieser Schwelle wurde wegen Geringfügigkeit
nicht zurück erstattet. Dabei hat das Gericht nicht berücksichtigt,
dass der Kaufpreis für die Grundstücke häufig extrem gedrückt worden
war. Im Falle von Coppenbrügge war das Gelände von der RV 1943 für 450
RM verkauft worden. Die Preisbehörde schätzte seinen Wert zehn Jahre
später hingegen auf 2195 RM. Das Gericht folgte der Behauptung des Käufers,
er habe den Platz mit großen Kosten hergerichtet und ließ sich über
den ursprünglichen Wert täuschen.
Grundsätzlich muss erstaunen, dass das Landgericht
nicht bereit war, auf die Argumentation von JTC und LV einzugehen und
den ideellen Wert des jüdischen Friedhofs mit seinem Anspruch auf ewiges
Ruherecht zu berücksichtigen.
Bei den Rückerstattungsverfahren ist damals vor allem
bei der JTC die Absicht erkennbar, nicht belegte Teile von Friedhöfen
zu verkaufen, um die mit ihnen verbundene Last los zu werden oder um
Rücksicht auf eine inzwischen eingetretene anderweitige Nutzung zu nehmen.
Der LV verhielt sich in dieser Angelegenheit zögerlicher, bestand z.B.
bei der Frage, ob ein Teil des Friedhofes belegt gewesen war, stets
auf einem Gutachten des Oberrabbiners. Nur im Falle von Bodenwerder
kam es tatsächlich zum Verkauf einer Teilfläche des Friedhofes. Allerdings
wurde hier der ortsunkundige Vertreter des Landesverbandes vom Käufer
bewusst über die frühere Beschaffenheit des Grundstückes getäuscht.
Was geschah mit den Friedhöfen, die damals nicht zurück
erstattet wurden? Zwei dieser Friedhöfe, Eimbeckhausen und Kirchohsen,
verwilderten völlig. In Coppenbrügge und Polle kam es nach z.T. quälend
langen Verhandlungen in den sechziger Jahren zwar nicht zu einer Rückerstattung,
jedoch zu der Genehmigung, das Gelände als Friedhof wieder herzurichten.
In Einzelfällen haben Rückerstattung und Wiederherstellung weitaus länger
gedauert (in Lauenstein bis 1984/85, in Kirchohsen bis 2000); in Eimbeckhausen
ist bis heute nichts geschehen. Das Gelände liegt wüst und leer und
ist durch nichts als Friedhof zu erkennen.
Bei den Verwaltungen traf der LV damals auf wenig
Verständnis für seine Bemühungen, die Flächen sie zurück zu bekommen
bzw. sie wenigstens als Friedhof zu gestalten. Das ewige Ruherecht stieß
bei den Behörden auf völliges Unverständnis. Im Falle von Bad Pyrmont
gestaltete die Stadt das Grundstück des alten jüdischen Friedhofs unter
rein dekorativer Aufstellung einiger Grabsteine zu einem öffentlichen
Park. Auch in Hameln hatte die Stadtverwaltung den ernsthaften Wunsch,
die Fläche als Park auszuweisen und einige wenige Grabsteine unter rein
ästhetischen Gesichtspunkten zu erhalten. Wäre es nach den Behörden
gegangen, wäre die Zerstörung der jüdischen Friedhöfe in den sechziger
Jahren vollendet worden.
Der LV, dessen Friedhofsetat für die Fülle der Aufgaben
immer zu klein war und der auf die Hilfe der Behörden angewiesen war,
musste sich ein Entgegenkommen regelrecht erkaufen. Auf Drängen der
Stadt Hameln, die eine bessere Straßenführung erreichen wollte, war
er 1963 bereit, den ältesten, mit Gräbern belegten Teil des Friedhofes
abzutreten. Im Gegenzug finanzierte die Stadt eine dringend erforderliche
neue Umfriedung. In Lauenstein war die Rückerstattung des Friedhofs
gerichtlich abgelehnt worden. Der LV hatte sich deshalb im Jahre 1984/85
entschlossen, das Grundstück zurück zu kaufen. Die Gemeinde war dazu
nur unter der Bedingung bereit, dass der LV auf das Wegerecht zum Friedhof
verzichtete. Es war bei der Ausweisung eines Neubaugebietes hinderlich.
Seitdem ist der Friedhof nur über eine halsbrecherische Treppe erreichbar.
In Coppenbrügge musste der LV einen über den Friedhof führenden Weg
gestatten, um im Gegenzug ein kleines Stück des Grundstückes zur Aufstellung
eines Gedenksteines pachten zu dürfen.
In der deutschen Öffentlichkeit herrschte damals gegenüber
jüdischen Ansprüchen eine wenig freundliche Atmosphäre. Immer wieder
wird deutlich, dass JTC und LV sich scheuen, auf ihrem Recht auf Wiederherstellung
des ursprünglichen Zustandes zu bestehen. In Kemnade war 1945/46 auf
dem Friedhof widerrechtlich gebaut worden. Als man den Missstand bemerkte,
verzichtete die JTC mit Blick auf die öffentliche Meinung und aus Sorge
vor antisemitischen Reaktionen darauf, den Abriss zu fordern. Die hässliche
Ruine verschandelt den Friedhof bis heute.
Es ist ein weiterer Hinweis auf die damals in der
Bevölkerung gegenüber jüdischen Ansprüchen herrschende negative Stimmung,
wenn wir hören, dass es in Salzhemmendorf, aber auch anderenorts in
dieser Zeit zu einer erneuten Zerstörung des Friedhofes gekommen ist.
Um ein nochmaliges Umwerfen der Grabsteine zu verhindern, wurden sie
in Beton eingegossen, womit eine vollständige Entzifferung der Inschriften
häufig unmöglich geworden ist.
Man muss es als ein erfreuliches Zeichen des Behauptungswillens
werten, das der LV auf insgesamt fünf Friedhöfen, die nach ihrer Zerstörung
ganz ohne Grabstein geblieben waren, in den sechziger Jahren stattliche
Gedenksteine setzte. Dies geschah in Coppenbrügge, Halle, Hemmendorf,
Kemnade und Polle. Die Steine sind nach einem einheitlichen Muster gestaltet
und tragen neben einer hebräisch- und deutschsprachigen Thorainschrift
einen Hinweis auf die örtliche jüdische Gemeinde.
Die Entwicklung seit den neunziger Jahren: Die
Besinnung auf die geschichtliche Verantwortung
In der Mitte der neunziger Jahren ist noch einmal
Bewegung in die Situation der Friedhöfe gekommen. Bei den Gemeindeverwaltungen
– nicht unbedingt in der Bevölkerung – ist mittlerweile ein größeres
Verständnis für die Eigenart der jüdischen Friedhöfe anzutreffen. In
Bad Pyrmont (1997), Coppenbrügge (1998) und Ottenstein (2000 eine nach
1945 nicht zurückgegebene Teilfläche) waren die Gemeinden bzw. Realverbände
nach einer entsprechenden Anregung rasch bereit, die Grundstücke oder
zumindest Teile davon kostenlos zurück zu geben. Auch in Kirchohsen
und Tündern ist dieser Schritt inzwischen vollzogen. Im Falle des Friedhofes
Grohnde war der Landesverband gezwungen, das Grundstück aus privater
Hand zurück zu kaufen.
Für das leere Friedhofsgelände in Kirchohsen hat die
Gemeinde Emmerthal außerdem eine Schrifttafel zur Geschichte des Friedhofes
finanziert. In Bodenwerder kam es nach langem Zögern der politischen
Gemeinde endlich im Jahre 2005 zur die Aufstellung einer Tafel, die
durch einen privaten Sponsor finanziert werden konnte.
Aus dem Wissen um ihre geschichtliche Verantwortung
übernehmen immer mehr Gemeinden auch die Pflege der Friedhöfe. Sie nehmen
damit dem Landesverband eine Last ab, die dieser in der Vergangenheit
kaum zu tragen in der Lage war. Für viele Anwohner war der mangelnde
Pflegezustand der Friedhöfe ein dauerndes und verständliches Ärgernis.
In Ottenstein hat der Flecken im Rahmen seiner Teilnahme am Wettbewerb
"Unser Dorf soll schöner werden" den Landesverband bei der völligen
Neugestaltung des Friedhofes unterstützt.
In Duingen war es der örtliche Heimatverein, der sich
seit dem Jahre 2006 die Wiederherstellung des vernachlässigten Friedhofes
zur Aufgabe gemacht hat.
Über sechzig Jahre nach der Zerstörung der Friedhöfe
war es noch möglich, Grabsteine aufzufinden. Mit 57 Steinen wurde der
bedeutendste Fund 1996/97 in Bad Pyrmont gemacht. In Grohnde konnten
2002 aus einer Scheune fünf und in Tündern 2003 aus einer Brücke in
der Feldmark zwei Steine geborgen werden. Möglich wurden diese Entdeckungen
nach beharrlichen und geduldigen Gesprächen mit Zeitzeugen und Eigentümern.
In Grohnde hat das Auffinden der Steine den Landesverband jüngst veranlasst,
den 1938 an einen Privatmann verkauften Friedhof zurück zu erwerben,
um auf seiner Fläche die Grabsteine aufzustellen.
Dass sich in den Dörfern weitere Grabsteine erhalten
haben, ist gewiss. Leider ist bisher oftmals wenig Bereitschaft vorhanden,
den Ort dieser Steine preiszugeben. Da mischt sich diffuses Schuldgefühl
mit einem verbreiteten Ärger über eine Vorzugsbehandlung jüdischer Grabsteine
und Gräber.
Da in Hameln seit Beginn der neunziger Jahre wieder
Juden aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion leben und es zur Gründung
zweier Gemeinden gekommen ist, wird auch der Friedhof wieder genutzt.
Eine der beiden Gemeinden pflegt und belegt das Grundstück, während
die andere sich einen neuen Friedhof auf städtischem Grund geschaffen
hat.
Die Zukunft der jüdischen Friedhöfe
Bei der Sorge um den Erhalt der Friedhöfe ist es unerlässlich,
den Landesverband zu unterstützen. Er verfügt nicht immer über die Ortskenntnis,
den Kontakt zu Zeitzeugen, das historische Wissen, die Nähe zu Behörden
und möglichen Sponsoren. Hier müssen Menschen, die vor Ort wohnen, tätig
werden. Die Bereitschaft, für die Friedhöfe etwas zu tun, ist bei den
politischen Gemeinden vorhanden. Aber es gibt dort im Umgang mit den
Friedhöfen Unsicherheit und Unkenntnis.
Durch die großen Anstrengungen des Landesverbandes
hat sich der Pflegezustand der Friedhöfe des Weserberglandes in den
letzten Jahren entscheidend verbessert. Nur bei einigen abgelegenen
Friedhöfen, wie Eimbeckhausen, Hämelschenburg und Wallensen sind noch
durchgreifende Wiederherstellungsmaßnahmen erforderlich. Ziel muss es
sein, sämtliche Friedhöfe als die zumeist einzig erhaltenen Zeugnisse
des früheren jüdischen Lebens einer Ortschaft zu erhalten. Es ist sinnvoll,
dass eine Schrifttafel den Besucher über die Geschichte des Friedhofs
und das Schicksal der Menschen jüdischen Glaubens des Ortes informiert.
Damit kann jeder einzelne Friedhof als Teil der Ortsgeschichte und als
Zeugnis des verschwundenen Landjudentums begriffen werden.
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