Zur Geschichte der Juden in Hameln

und in der Umgebung

 

Der jüdische Friedhof in Tündern

 

Teil der Synagogengemeinde Grohnde-Ohsen im Landrabbinat Hannover

Lage und Größe:

am südlichen Ortsausgang des Dorfes (Emmerthaler Straße) in Richtung Hagenohsen gegenüber dem christlichen Friedhof; 251 qm

Bestand an Steinen:

4 Steine (1902 bis 1930);
2 ältere Steine (1850 und 1852)
2002 beim Abriss einer Brücke in der Tündernschen Feldmark geborgen;
sie sollen 2003 auf dem Friedhof aufgestellt werden;
Rest aus einem größeren Bestand

Daten zur Geschichte:

am 9. 11. 1938 durch örtliche SA umgestürzt und eingeebnet; Nutzung der Fläche zur Zucht von Maulbeerbäumchen; Nutzung von Grabsteinen u.a. zum Bau einer Brücke in der Tündernschen Feldmark
nach 1945 Wiederherstellung des Geländes und Aufstellung von 4 Grabsteinen der Familie Jonas (durch einen Angehörigen der Familie Jonas)
nach 1945 keine Rückerstattung; im Besitz des Tündernschen Realverbandes
2003 Rückerstattung an den LV geplant

 

Der Friedhof von Tündern liegt am südlichen Ortsausgang des Dorfes gegenüber dem christlichen Friedhof. Er weist im heutigen Zustand eine Fläche von 251 qm auf. Über den Ursprung des Friedhofes und frühere Eigentumsverhältnisse ist nichts in Erfahrung zu bringen. Heute gehört das Grundstück nicht dem Landesverband, sondern dem Tündernschen Realverband. Möglicherweise ist eine Rückerstattung nach dem Kriege unterblieben, weil das Grundstück sehr klein ist und Vermögenswerte unter 1000 DM nicht zurück erstattet wurden.

In Tündern haben seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts über einen langen Zeitraum zwei jüdische Familien gelebt. Der Friedhof muss voll mit Steinen gestanden haben. Am 9. November 1938 stürzte ein SA-Kommando aus Tündern die Grabsteine um. Im Bericht eines Zeitzeugen heißt es: "Die ganz alten Steine und die Grabsteine der Familie Jonas wurden zum Teil in die Ausschachtung hinter den Bahndamm gefahren, zum Teil lagen sie jahrelang als Steinhaufen vor der alten Turnhalle. ... Auf dem eingeebneten Friedhof wurden Maulbeerbaumstämmchen gepflanzt, deren Blätter zur Aufzucht von Seidenraupen (erg.: zur Herstellung von Fallschirmseide) gebraucht wurden."

 
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Die Wiederherstellung des Friedhofes nach dem Ende der NS-Zeit geht auf Arthur Jonas zurück. Er kam 1947 aus Südamerika zu einem Besuch nach Tündern und erwirkte beim Bürgermeister die Herrichtung des Grundstücks und die Aufstellung einiger Grabsteine seiner Familie. Es handelt sich um jüngere Grabsteine aus dem Bestattungszeitraum 1902 - 1930.

Anlässlich einer Führung über den jüdischen Friedhof wurde durch ältere Einwohner des Ortes bekannt, dass weitere Grabsteine erhalten geblieben sind. Sie waren beim Bau einer kleinen Flutbrücke verwendet worden, die der Realverband 1938 im überschwemmungsgefährdeten Weserbogen nördlich des Dorfes errichtet hat.

Im Jahre 2002 konnten die Steine tatsächlich geborgen werden, als die Flutbrücke beim Fortschreiten des Kiesabbaugebietes ohnehin abgebaut wurde. Gefunden wurden zwei Grabsteine älteren Typs mit hebräischer Inschrift. Es handelt sich um Ehefrau und Tochter des Juden Mose, die Tochter gestorben 1850, die Mutter 1852.

Der Realverband hat inzwischen das Gelände kostenlos an den Landesverband der jüdischen Gemeinden Niedersachsens zurückgegeben. Auch die beiden in der Feldmark geborgenen Grabsteine sind wieder auf dem Friedhofsgelände aufgestellt worden. Eine Tafel, die an die jüdischen Menschen erinnert, die früher in Tündern gelebt haben, ist geplant.

 
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Vorschlag für eine vom Ortsrat bisher nichtrealisierte Inschrift am jüdischen Friedhof Tündern:

 

Bernhard Gelderblom
in Absprache mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen

Jüdisches Leben ist seit dem frühen 19. Jahrhundert fürTündern nachgewiesen. Die beiden Familie Moses und Jonas stellten über mehrereGenerationen Kaufleute, Schlachter und Viehhändler und waren in die Bevölkerungdes Dorfes gut integriert.

In der Zeit des Nationalsozialismus, am 9. November 1938,wurde dieser Friedhof durch örtliche SA-Männer zerstört. Sie wandten sich auchgegen das Haus Am Werder 16. Dort lebten die beiden letzten jüdischen EinwohnerTünderns, Emilie und Alice Jonas. Beide wurden später in die Vernichtungslagerdes Ostens deportiert und sind von dort nicht zurück gekommen.

Zum Gedenken an die Familie Jonas wurde eine Straße inTündern „Jonasweg“ benannt.

Von den zahlreichen Grabsteinen des Friedhofes sind nur sechs erhalten. Dieser Friedhof ist heute das einzige erhaltene Zeugnis deseinstigen reichen jüdischen Lebens in Tündern.

 

Quellen: HStA Hann; KrA HM-Pyr; Zeitzeugenberichte

 
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