Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit
und in der Nachkriegszeit
Das Zuchthaus Hameln in der Nachkriegszeit
Das Zuchthaus als Hinrichtungsort der Briten
Die Hingerichteten in alphabetischer Reihenfolge
Hingerichtete nach dem Datum der Hinrichtung
Unterteilung der Hingerichteten nach Verbrechen
Britische Kriegsgerichtsverfahren in zeitlicher Reihenfolge
Wer wurde hingerichtet?
Wer wurde hingerichtet?
Tätergruppen
Verbrechen in KZs u.a.
Verbrechen an Kriegsgefangenen
Prozesse wegen Verstößen gegen Besatzungsrecht und geltendes deutsches Recht
In Hameln war stets verbreitet worden und ist auch heute noch immer zu hören: Einige "KZ-Schergen", aber viele Unschuldige, also Opfer der Besatzungsjustiz, seien hingerichtet worden. Hält diese Aussage der Überprüfung stand?
Die folgenden Ausführungen orientieren sich an der Arbeit von Peter Krone, "Die Hingerichtetengräber" und umfangreichen eigenen Forschungen. Die verdienstvolle Arbeit von Peter Krone war von der Stadt Hameln 1986 zugleich mit dem Beschluss über die Einebnung der Gräber der Hingerichteten vom Rat in Auftrag gegeben worden.
Tätergruppen
Ich gehe jetzt auf einzelne Tätergruppen genauer ein und stelle einige der Hingerichteten genauer vor.
Verbrechen in KZs u.a.
Josef Kramer (2. v. re) als Kommandant des KZ Auschwitz-Birkenau zusammen
mit Josef Mengele (li) und Rudolf Höß (2. v. li) als Kommandant des KZ Auschwitz
1944 im SS-Erholungsheim Solahütte (Der Spiegel 11, 2008)
Josef Kramer
Buchhalter, SS-Mitglied seit 1932, seit 1934 Funktionen in KZs.
Ab Mai 1944 Kommandant in Auschwitz-Birkenau, ab 1.12.1944 in Bergen-Belsen.
Kramer mordete im KZ Natzweiler mindestens 86 Juden mit Blausäuregas für eine anatomische Skelettsammlung des Medizinprofessors Hirt – eine unglaubliche medizinische Versuchsreihe.
Besonders jüdisch aussehende Häftlinge wurden (für ein Museum) in Auschwitz von Kramer ausgesucht, gefilmt und dann nach Natzweiler (bei Straßburg) gebracht. Er lässt eine eigene Gaskammer für diese Opfer bauen. Die Häftlinge müssen die Giftkapseln selbst zertreten. Neben Juden auch Zigeuner. Einer überlebte, der beschrieben hat, wie das vor sich ging. Die Körper kamen dann nach Straßburg an die Universität. Prof. Hirt nahm sich 1945 das Leben.
Mitscherlich, Medizin ohne Menschlichkeit, berichtet: Bei einem Teil der Leichen fehlten die Hoden. Darüber hat jemand promoviert.
Kramer dazu am 26.7.1945 von den Briten befragt:
"Ich habe keinerlei Rührung empfunden, während ich die Tat vollbrachte, denn ich hatte den Befehl erhalten."
Irma Grese mit Elisabeth Volkenrath (vorn) und
Juana Bormann (hinten) beim Prozess in Lüneburg
(D. P. Brown)
Irma Grese
Irma Grese meldete sich im Alter von 18 Jahren freiwillig zum Dienst in der SS. Die junge Frau durchlief in knapp drei Jahren als SS-Aufseherin 3 Konzentrationslager (Ravensbrück, Auschwitz und B-B). 1945 war sie gerade 22 Jahre alt.
Irma Grese wurde durch ihre besondere Brutalität bekannt. Nach Kriegsende häuften sich die Zeugenaussagen ehemaliger Häftlinge gegen sie.
Wir werden auf Irma Grese zurück kommen.
Elisabeth Volkenrath
geb. 5.9.1919
Sie war Oberaufseherin in Ravensbrück, Auschwitz und Bergen-Belsen und hat an Selektionen teilgenommen.
Juana Bormann
geb. 10.9.1893
Sie war Blockführerin im KZ Auschwitz und zuletzt in Bergen-Belsen.
Sie soll Gefangene geschlagen und ihren Hund auf sie gehetzt haben und außerdem an den Selektionen an der Rampe teilgenommen haben.
Grabplatte Rosenthal – individuell gestaltet (privat)
Dr. Rudolf Rosenthal
geb. 22.1.1911
Lagerarzt in Ravensbrück
Er führte Schwangerschaftsabbrüche sowie Gasbrand- und Transplantationsversuche an Häftlingsfrauen durch.
Grabplatte Körbel – in einheitlicher Gestaltung (privat)
Dr. Hans Körbel
geb. 2.6.1909
Er war verantwortlich für die "fremdvölkischen" Kinderheime Rühen und Wolfsburg (1943-1945), in denen neugeborene Kinder von Zwangsarbeiterinnen untergebracht waren. Er unterzeichnete zahlreiche Todesscheine mit der Diagnose "Lebensschwäche". Im August 1944 gab es bei 310 Zugängen 254 Todesfälle. Körbel wurde des Vorwurfs der vorsätzlichen Vernachlässigung angeklagt.
Aufgeschlüsselt auf die einzelnen KZs standen vor Gericht und erhielten die Todesstrafe:
KZ Neuengamme 31
Frauen-KZRavensbrück 16
KZ Bergen-Belsen 12
Strafanstalt Fuhlsbüttel 4
Ein Prozess fällt aus dem Rahmen heraus:
Bruno Tesch, geb, 14.8.1890
Karl Weinbacher, geb. 23.6.1893
Die Angeklagten waren leitende Mitarbeiter der Hamburger Firma Tesch&Stabenow. Die Firma hatte das Giftgas Zyklon B für die Gaskammern geliefert, mit dem 5-6 Millionen Menschen getötet worden waren. Die Angeklagten hatten nicht nur das Gift geliefert, sondern auch an den Beratungen über seinen Einsatz teilgenommen, Reisen nach Auschwitz übernommen und für die Ausbildung der SS im Einsatz von Gift gesorgt. In diesem Prozess wird das besondere Interesse der Alliierten deutlich, insofern sie mit ihren Prozessen die eigentlich Verantwortlichen der Massenmorde zu bestrafen suchten.
Weiter gab es Verfahren wegen der "Euthanasie"-Morde in Hadamar.
Verbrechen an Kriegsgefangenen
Grabplatte Gmeiner – in einheitlicher Gestaltung (privat)
Josef Gmeiner
geb. 22.12.1904
Der Jurist war Gestapochef in Dessau, 1941 abgeordnet zur Einsatzgruppe C und D zur Judenvernichtung in Russland.
Als Leiter der Gestapo Karlsruhe war er verantwortlich für die Erschießung von insgesamt 50 Offizieren der RAF, die aus einem Kriegsgefangenenlager geflohen waren. Sie wurden nach Festnahme durch Genickschuss getötet.
Grabplatte Siebken – in einheitlicher Gestaltung (privat)
Bernhard Siebken
geb. 1910
SS-Sturmbannführer, leitete ein Bataillon eines SS-Panzergrenadierregiments.
Drei kriegsgefangene kanadische Soldaten waren am 9. Juni 1944 in Nordfrankreich erschossen worden, angeblich, weil das Bataillon zu wenig Transportmittel gehabt habe.
Siebken bestritt im Prozess, einen solchen Befehl gegeben zu haben.
Häufig waren Verfahren wegen Lynchjustiz an abgeschossenen oder notgelandeten Piloten. Lynchjustiz war in den Letzten Kriegswochen häufig. Der sog. Fliegerbefehl vom 25.2.1945 lautete:
"Sämtliche Jabo-Piloten, die abgeschossen werden, sind grundsätzlich der Volksempörung nicht zu entziehen."
Prozesse wegen Verstößen gegen Besatzungsrecht und geltendes deutsches Recht
Gräberfeld Oktober 1959 (durch einen Stahlhelm als Kriegsgräberfeld gestaltet)
Die jetzt zu behandelnde Gruppe von 42 Personen muss von den vorher dargestellten grundsätzlich unterschieden werden. Mehrheitlich handelt es sich um Polen, danach Russen, Jugoslawen und Rumänen.p>
Es handelte sich um Menschen, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt worden waren, von den Alliierten displaced persons (DPs) genannt. Ein kleiner Teil von ihnen war in Deutschland geblieben, in die Kriminalität abgerutscht und zog marodierend durch die Lande.
DPs waren der deutschen Staats- und Strafgewalt entzogen. Sie mussten vor ein Gericht der Besatzungsmacht gestellt werden. Das Besatzungsrecht sah für Tötung eines alliierten Soldaten, den ungesetzlicher Besitz oder Gebrauch von Waffen und für Plünderung die Todesstrafe vor.
In allen Prozessen gegen die DPs ging es um Schusswaffengebrauch mit Todesfolge, etwa bei nächtlichen Überfällen auf Bauernhöfe.
Nach der hartnäckig in Hameln sich haltenden und immer neu verbreiteten Legende wurde der letzte der Hingerichteten wegen des Besitzes von 4 Schuss Karabinermunition gehenkt. Mit diesem Beispiel soll ein besonders schlagender Beweis für die Willkür und Ungerechtigkeit der Sieger- und Besatzerjustiz geführt werden.
Um welche Person und welchen Straftatbestand handelt es sich?
Es handelt sich um den Polen Jerzy Andziak. Das britische Gericht verurteilte ihn am 23.6.1949 wegen unbefugten Schusswaffengebrauchs (er hatte einen deutschen Polizisten erschossen) zum Tode. Er wurde am 6.12.1949 in Hameln hingerichtet.
Die Gruppe der DPs wurde bei allen späteren Diskussionen um die Hingerichteten völlig ignoriert.