Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit
und in der Nachkriegszeit
Das Zuchthaus Hameln in der NS-Zeit
Nach dem Sonderstrafrecht Verurteilte
Bernhard Huys - Lebenslauf
Bernhard Huys (Foto aus der Nachkriegszeit; Quelle: Privat)
1895 | Geboren am 25.2.1895 Landschaftsmaler und Bilderrahmenmacher in Worpswede. Huys gehört der auf Heinrich Vogeler und Paula Modersohn folgenden Künstlergeneration an. |
||
1943 | Im August gezielte Denunziation durch eine Nachbarin wegen Abhörens von englischen Sendern 25.8.1943 Verhör und anschließende Festnahme durch die Gestapo in Bremen "Schutzhaft" im Polizeigefängnis Bremen 9.10.1943 Haftbefehl echsel in das Untersuchungsgefängnis Wesermünde-Lehe und anschließend in das Straf- und Untersuchungsgefängnis Hannover 7.12.1943 Prozess vor dem Sondergericht Hannover Strafe zwei Jahre Zuchthaus "wegen fortgesetzten Verbrechens nach § 1 der Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 1. September 1939" Das Gericht folgte damit dem Antrag des Staatsanwalts. Der Staatsanwalt hatte den weit über dem Durchschnitt liegenden Strafantrag mit der angeblichen Staatsfeindlichkeit des Angeklagten begründet. Das wichtigste Beweismittel der Anklage war ein handbeschriebener Zettel, den Huys in einem von einer Nachbarin entliehenen Buch als Lesezeichen benutzt und vergessen hatte. Auf diesem Zettel hatte Huys Stichworte aus einer Sendung des Londoner Rundfunks vom Juli 1943 notiert. Der Text lautet: "Eicke gefallen, früher Kommandant von Dachau "Ein Ungeziefer ruht in Staub und trocknem Schlamme Aus dunkler Höhle fährt ein Schächer, um zu schweifen, ... Gehüllt in Niedertracht, gleichwie in einer Wolke, ..." Am 10.12.1943 Verlegung ins Zuchthaus Celle (für einen Monat) |
||
1944-1945 | 8.1.1944 für vier Tage Strafhaft im Polizeigefängnis Hardenbergstraße in Hannover Vom 12.1.1944 – 17.5.1945 Haftzeit im Zuchthaus Hameln |
||
1973 | Am 4.12.1973 in Worpswede verstorben |
Die Haftzeit in Hameln vom 12.1.1944 – 17.5.1945
Auszüge aus der Häftlingsakte
Am 12.1.1944 wurde Bernhard Huys in das Zuchthaus Hameln eingeliefert.
Mit dem Wechsel in das Zuchthaus Hameln begann für Huys eine seelische und körperliche Leidenszeit. Ein Briefwechsel war nur mit der Ehefrau erlaubt. Nach sechsmonatiger Wartezeit durften im Abstand von vier Monaten Briefe gewechselt werden. Besuche der Ehefrau waren nach Oktober 1944 gänzlich unmöglich.
Huys wurde im Zuchthaus auf Außenarbeiten als Zimmermann eingesetzt und musste "durch allzu schweres Balkentragen und Ziehen des Handwagens auf bergigen Straßen bei schlechter Ernährung mehr leisten ... als möglich war" (Nachlass Huys). Durch "kaltes Liegen, dünne Bekleidung und Winterfahrten auf offenem Lastwagen" (Nachlass Huys) zog er sich chronische Leiden zu.
Über ein viertel Jahr verbrachte Huys im Lazarett des Zuchthauses, zuerst als Patient, später als Pfleger.
Am 23.2.1945, nach Abbüßen von 2/3 der Strafe, stellte Huys ein Gnadengesuch. Das Gnadengesuch wurde von Direktor Stöhr nicht befürwortet (19.3.1945) und infolgedessen abgelehnt.
So musste Huys bis zum 7.4.1945, dem Tag der Befreiung des Zuchthauses durch US-Soldaten, warten. Er wurde von den Amerikanern unverzüglich in Freiheit gesetzt und stellte sich der Besatzungsmacht als Helfer bei der Reorganisation der Zuchthausverwaltung zur Verfügung.
Am 17.5.45 wurde er "auf Anordnung der Militärregierung" vorzeitig entlassen.
Bernhard Huys, Der künstlerische Nachlass
"Saal 2" des Krankenbaus (Quelle: Privat)
Huys nutzte die Zeit von seiner Befreiung am 7.4. bis zu seiner Entlassung am 17.5.1945 dazu, den Zuchthausaufenthalt künstlerisch zu verarbeiten. Er erhielt von der Besatzungsmacht einen Passierschein mit dem Wortlaut:
"Der politische Gefangene Huys hat die Erlaubnis innerhalb der Anstalt ohne Beamte sich überall aufzuhalten, um Zeichnungen etc. anzufertigen. Alle Beamte werden gebeten, Huys bei der Ausübung seiner Arbeit zu unterstützen."
Das damals entstandene Skizzenbuch, einige Zeichnungen und eine Radierung sind überliefert.
Quellen
Häftlingsakte im Hauptstaatsarchiv Hannover
Archiv Till Huys, Worpswede
Wolf-Dieter Mechler, Kriegsalltag an der "Heimatfront". Das Sondergericht Hannover im Einsatz gegen "Rundfunkverbrecher", "Schwarzschlachter", "Volksschädlinge" und andere "Straftäter" 1939-1945, Hannoversche Studien Band 4, Hannover 1997