Die Neue Synagoge in Berlin, Äußeres und Inneres (rechtes Bild Quelle Eschwege, S. 120)
Ein glänzendes Beispiel dieses Stils ist die Neue Synagoge in Berlin, die 1866 fertig gestellt wurde. Mit 4.000 Sitzplätzen war sie damals die größte Synagoge in Europa. Der Bau liegt in Berlin-Mitte an einer eher bescheidenen Straße, der Oranienburger Straße, nördlich der Museumsinsel und des Regierungsviertels.
Berliner Tageszeitungen beschrieben den Bau damals folgendermaßen:
"Ein märchenhaftes Phantasiegebilde ragt hier über eine
eher biedere Giebelarchitektur."
"Das Licht strömt durch die bunten Scheiben magisch gedämpft und verklärt.
Decke, Wände, Säulen, Bögen und Fenster sind mit verschwenderischer Pracht
ausgestattet und bilden mit ihren Vergoldungen und Verzierungen einen wunderbaren
Arabeskenkranz von feenhafter überirdischer Wirkung."
"... ein märchenhaftes Bauwerk, das inmitten eines recht nüchternen Stadtteiles
uns in die phantastischen Wunder einer modernen Alhambra, mit all dem tausendfältigen
Zauber des maurischen Stils einführt."
Es war ein christlicher Architekt, Eduard Knoblauch, der diesen Stil entwickelte. In den 1860er und 1870er Jahren entstanden in Deutschland zahlreiche Synagogen in diesem Stil. Dahinter verbarg sich der Anspruch, wonach das Judentum als gleichberechtigte Religion das Recht auf einen eigenständigen Baustil habe. Der maurische Stil war insofern die selbstbewusste Äußerung einer Minderheit, welche auf ihre Besonderheit pochte und bei ihren religiösen Bauten jegliche Anlehnung an christliche Formen ablehnte.
Mit dieser Art von Selbstbewusstsein war es bald vorbei. Der in Berlin sich besonders stark entwickelnde Antisemitismus zwang die jüdischen Gemeinden in die Isolation. Die Berliner Synagogen, die in den 1880er und 1890er Jahren gebaut werden, lagen wieder in Hinterhöfen oder waren durch Gemeindehäuser von der Straße abgeschirmt.
Oppler äußerte sich über den maurischen Stil im Tone massiver und emotionaler Ablehnung.
"... ein Stil, der einzig und allein als solcher im
Orient Berechtigung finden kann, wo er entstanden und in seiner äußeren
Erscheinung wie in seiner Construktion nur als Ausgebilde einer zügellosen
Phantasie betrachtet werden kann."
(zitiert nach Hammer-Schenk, Opplers Theorie, S. 111)
Das Judentum habe doch nichts mit dem Islam gemein. Der
Reiz des maurischen Stils bestehe "in einer zügellosen Phantasie".
(zitiert nach Hammer-Schenk, Opplers Theorie, S. 108)