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Die Stadt Hameln und ihre Juden
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Synagoge und Mahnmal

Die Synagoge im Gedächtnis der Stadt und ihrer Bürger

Die Jahre bis 1960

Nach dem Kriege blieb das Grundstück, auf dem die Synagoge gestanden hatte, unbebaut. Eine Zeit lang erinnerten noch die Pfeiler des Zaunes an das zerstörte Gebäude. Das ehemalige Lehrerhauses, das beim Brand beschädigt, aber nicht zerstört worden war, wurde vermietet. Der Mieter hatte das Grundstück gepachtet und nutzte es als Gemüsegarten.

Es gab früh Anregungen, hier eine Gedenkstätte zu errichten. Am 2. Oktober 1946 wandte sich Herr H. Fischer, Ehemann von Adelheid Fischer, die als in "Mischehe" lebende Jüdin noch im Februar 1945 aus Hameln deportiert werden sollte, an die Stadt und forderte die Herrichtung des Grundstückes, "dass zu ersehen ist, dass auf diesem Platz einstens eine Synagoge gestanden hat", und die Aufstellung eines Gedenksteines. Im Brief Fischers heißt es weiter:

Es handelt sich hier um eine Verpflichtung den Toten gegenüber, sowie den noch im Ausland lebenden jüdischen Gemeindemitgliedern. Außerdem handelt es sich hierbei ja wohl um eine berechtigte Forderung. Als Termin der Fertigstellung wäre wohl der 9. Nov. 1946 anzunehmen.

Im Protokoll der Friedhofsausschusssitzung vom 15. November 1946 heißt es dazu:

Der Ausschuß ist der Meinung, daß es sich hier um eine Wiedergutmachung handelt. Der Platz soll nicht länger als Gemüseland weiter bearbeitet werden, sondern als gärtnerische Anlage in Erscheinung treten. Inmitten einer von entsprechender Pflanzung umrahmten Rasenfläche soll ein schlichter Gedenkstein errichtet werden, woraus hervorgeht, was hier am 8. und 9. November geschehen ist. Entsprechende Vorschläge sind dem Ausschuß vom Stadtbauamt und der Friedhofsverwaltung zu unterbreiten.

Weil die Stadt augenscheinlich untätig blieb, wandte sich Herr Fischer an die Jüdische Gemeinde in Hannover. Diese schrieb am 17. November 1947 an die Stadt und bat,

"daß das Grundstück, auf welchem die Synagoge gestanden hat, in ehrwürdiger Form wieder hergerichtet wird."

Wir glauben bestimmt, dass es der Stadt Hameln möglich sein müsste, dieses zu bewerkstelligen. Voraussetzung ist natürlich, dass man den guten Willen zur Wiedergutmachung resp. zur Herstellung des Platzes hat. Wir glauben auch, dass diese Voraussetzungen bei Ihnen vorliegen.

Möglicherweise als Reaktion auf diese Aufforderung liegt ein unausgeführter Entwurf des Stadtbaurates Schäfer vom 28. Januar 1948 für eine kleine Gedenkstätte vor. Er sah einen pyramidenförmigen Gedenkstein vor. Zur Ausführung kam der Entwurf nicht.

Im Rahmen des Wiedergutmachungsgesetzes machte die Jewish Trust Corporation for Germany (JTC) am 7. September 1951 Ansprüche auf Rückerstattung geltend. Die JTC forderte die Rückgabe des Grundstückes oder die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 14.000 bis 15.000 DM. Den Wert für Grundstück und ehemaliges Lehrerhaus hatte die Preisbehörde als neutraler Gutachter ermittelt.

Den Termin mit dem Wiedergutmachungsamt in Sachen Synagogengrundstück nahm Stadtrat Dr. Hans Krüger wahr, ausgerechnet der Mann, der 1938/39 die demütigenden Verhandlungen mit der jüdischen Gemeinde geführt hatte. Krüger war nach einer kurzen Unterbrechung wegen seiner Entnazifizierung inzwischen wieder in den Diensten der Stadt.

In einem Vermerk für den Oberstadtdirektor Wilke vom 26. April 1952 plädierte Krüger dafür, den Übernahmepreis zu zahlen und argumentierte:

Inzwischen habe ich das Grundstück in der Bürenstraße besichtigt und bin zu der Ansicht gekommen, daß es sich mit einem Mehrfamilienhause sehr gut bebauen lässt, so daß die Kleinwohnungsbaugesellschaft evtl. Interesse hat, das Grundstück zu übernehmen. Es liegt an ausgebauter Straße und auch in der Himmelsrichtung günstig.

Oberstadtdirektor Wilke stimmte Krügers Vorschlag zu. Zur Abfindung der Rückerstattungsansprüche zahlte die Stadt Hameln am 9. September 1952 14.340 DM an die Jewish Trust Corporation. Mit dieser Zahlung waren alle Rückerstattungsansprüche gegenüber der Stadt Hameln erledigt.

Von den Überlegungen, eine Gedenkstätte zu errichten, war nun nicht mehr die Rede. 1967 verkaufte die Stadt Hameln das ehemalige Lehrerhaus samt einem Grundstück in Größe von 361 qm an einen Privatmann. Das ursprünglich 982 qm messende Synagogengrundstück war damit um mehr als ein Drittel verkleinert und zusätzlich mit einem Wegerecht belastet.

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© Bernhard Gelderblom Hameln