1961 kam dann doch Bewegung in die Sache. Verwaltungs-
und Kulturausschuss beschäftigten sich mit dem Thema. Das Protokoll der
Kulturausschusssitzung vom 28. November 1961 verzeichnete die Bereitschaft,
nach dem Vorbild der Landeshauptstadt Hannover einen Gedenkstein aufzustellen.
Ratsherr Seifert betonte, "dass es nicht einfach sei, in Hameln eine geeignete
Aufstellungsmöglichkeit für einen Gedenkstein zu finden, da das Grundstück
als Kinderspielplatz benutzt werden."
Die Inschrift des Steines war nach
Mitteilung von Senator Niemeyer von Louis Moshe Keyser, einem ehemaligen
Hamelner Juden, vorgeschlagen worden.
Menschen verstummen – Steine reden immer. Zum Gedenken an den Untergang der jüdischen Gemeinde Hameln in den Jahren 1933-1945.
Keyser hatte bis 1933 ein Schuhhaus Am Markt besessen und war 1934 nach Israel ausgewandert. Nach dem Kriege kam er öfter in seine Heimatstadt.
Es dauerte noch zwei Jahre, bis am 26. November 1963 der Gedenkstein feierlich eingeweiht wurde. Es sprachen Oberbürgermeister Dr. Sander, Norbert Prager, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, und Pastor von Vietinghoff für die evangelischen Christen.
Drei Jahre später kam Moshe Keyser wieder einmal zu Besuch nach Hameln. In einem Brief an den Oberbürgermeister vom 25. September 1966 schrieb er:
"Ich habe mir den Gedenkstein ... angesehen, künstlerisch gut, geschmackvoll ausgeführt, aber leider fast unsichtbar und sehr lieblos aufgestellt in einer Ecke, bewachsen von Sträuchern, also nicht frei und gut sichtbar."
Tatsächlich war der Stein vom Kinderspielplatz, der auf dem Platz mittlerweile statt des Gemüsegartens eingerichtet worden war, nur durch eine dürre Hecke und einen Zaun aus Maschendraht getrennt.
Durch eine Sandsteinmauer erhielt der Gedenkstein eine Rahmung und wurde vom Spielplatz getrennt.
Es dauerte bis 1980, also 15 Jahre, bis der Stein eine Rahmung durch eine mit Sandstein verkleidete Betonmauer erhielt, die ihn vom Spielplatz trennen sollte. Das neu gestaltete Mahnmal wurde im Beisein von Landesrabbiner Abraham Hochwald, Michael Fürst vom Landesverband der jüdischen Gemeinden Niedersachsens und Martin Günther als Sprecher der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit eingeweiht.
Auch in anderer Hinsicht gab es Kritik. Anlässlich eines Besuches in Hameln besichtigte der Rabbiner des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen den Gedenkstein in der Bürenstraße. Ein städtischer Beamter hielt in einer Aktennotiz vom 3. Januar 1967 fest:
"Der Rabbiner war entsetzt von der Gedenkschrift und sagte mir, daß er sich mit dem Herrn Oberbürgermeister in Verbindung setzen wolle."
In einem Brief an den Oberstadtdirektor vom 22. November 1966 hatte bereits der derzeitige Stadtarchivar R. Feige die Inschrift kritisiert.
Zur Sache selbst ist ferner zu sagen, daß die Inschrift des Gedenksteines an diesem Platze ihrer eigentlichen Aufgabe nicht gerecht wird, mahnend an die frühere gottesdienstliche Stätte der israelitischen Gemeinde zu erinnern. Ein Gedenkstein dieser Art sollte unbedingt – wenn auch in zurückhaltender Form – den Tatbestand unmittelbar ansprechen und die Daten angeben, in unserem Falle den Tag der Synagogenweihe (2. Juli 1879) und den Zeitpunkt der Zerstörung (8. November 1938). Vielleicht hätten sich auch die Konturen des kirchlichen Gebäudes andeuten lassen, dessen Entwurf auf den seinerzeit nicht unbekannten hannoverschen Architekten Oppler zurückgeht.
Die Diskussion um die Inschrift erreichte damals nicht die Öffentlichkeit.
© Bernhard Gelderblom Hameln